Definition
Als Merit-Order bezeichnet die Energiewirtschaft die Einsatzreihenfolge der stromproduzierenden Kraftwerke auf einem Stromhandelsplatz, um die wirtschaftlich optimale Stromversorgung zu gewährleisten. Die Merit-Order orientiert sich an den niedrigsten Grenzkosten, also der Kosten, die bei einem Kraftwerk für die letzte produzierte Megawattstunde anfallen. Die Merit-Order ist darum unabhängig von den Fixkosten einer Stromerzeugungstechnologie. Die Kraftwerke, die fortlaufend sehr preisgünstig Strom produzieren, werden gemäß der Merit-Order als erstes zur Einspeisung zugeschaltet. Danach werden so lange Kraftwerke mit höheren Grenzkosten hinzugenommen, bis die Nachfrage gedeckt ist.
Bei der Merit-Order handelt es sich um ein mögliches Beschreibungsmodell eines funktionierenden Strommarkts. Die Annahme hinter diesem Modell ist, dass Kraftwerksbetreiber immer ihre Kosten für die nächste produzierte Megawattstunde decken wollen, sonst würden sie sie nicht produzieren. Kraftwerke mit niedrigen Grenzkosten können also einen niedrigeren Preis für ihren Strom bieten und werden damit öfter bezuschlagt als Kraftwerke mit höheren Grenzkosten. Die Merit-Order versucht also zu erklären, wie die Preisbildung auf dem Strommarkt funktioniert; sie ist kein „Gesetz“, das den Kraftwerkseinsatz koordiniert.
Kohlekraftwerke profitieren
Insgesamt erhöhen die gestiegenen Preise für Brennstoffe sowie CO2-Emissionszertifikate die Grenzkosten der Kraftwerke und beeinflussen damit die Einsatzreihenfolge am Strommarkt, die sogenannte Merit-Order. Die durchschnittlichen Grenzkosten der Gas- und Kohlekraftwerke lagen im Jahr 2021 auf einem deutlich höheren Niveau als in vergangenen Jahren. Da der Preisanstieg für Erdgas den Anstieg der CO2-Zertifikatspreise und Steinkohlepreise überkompensierte, profitierten in der Einsatzreihenfolge der konventionellen Kraftwerke vor allem Kohlekraftwerke.
Ob die Strompreise kurzfristig auf diesem hohen Niveau bleiben, hängt maßgeblich von den Entwicklungen des Gasmarktes ab. Langfristig dürften darüber hinaus die weitere Stilllegung von Kern- und Kohlekraftwerken die Merit-Order der konventionellen Kraftwerke verändern.
Heute: Die Unglaubliche Geschichte vom Verdienstorden-Prinzip oder moderner „Der Merit-Order-Effekt“
Ich fasse mich kurz: Die Einsatzreihenfolge der Kraftwerke, die unseren Strom in Deutschland herstellen, d.h. die Erlaubnis zu liefern, richtet sich nach den jeweiligen Grenzkosten (s. BWL-Buch) der einzelnen Kraftwerke. Eigentlich keine schlechte Idee – können so doch auch zunehmende Mehrkosten z. B. bei jetzt nicht mehr „durchlaufenden“ Kohlekraftwerken o. ä. bezahlt werden.
In der täglichen Praxis passiert jetzt folgendes: Zuerst dürfen die günstigsten Kraftwerke liefern. Das sind aktuell die sogenannten „Erneuerbaren“. Dann wird die noch nicht komplett bediente Nachfrage (das sind wir alle) weiter bedient mit weiteren Kraftwerken. Es kommen dann die etwas teureren Atomkraftwerke. Wenn das noch nicht reicht (und es reicht nie), kommen die Kohlekraftwerke dran. Aber auch das reicht nicht, und so liefern die Gaskraftwerke den Rest. Das sind die teuersten (verständlich vom Grundsatz her und aktuell sowieso!).
Nun entsteht der Strompreis – aber nicht etwa so, dass jeder seine Grenzkosten bezahlt bekommt – nein, der teuerste Preis gilt als Market-Clearing-Price – als der Marktpreis an der Strombörse.
Und dann folgt etwas, was wir eigentlich in unserem Umfeld nicht so richtig kennen: Alle Erzeuger bekommen den Preis des teuersten Anbieters. Was bei den Gaskraftwerken also gerade ausreicht, führt bei den anderen zu einem – wie sagt man so schön – Übergewinn.
Bei uns erzeugt das eine absolute „Überunverständlichkeit“ und explodierende Stromkosten, die wir an unsere Kunden weiterleiten müssen oder nicht mehr liefern können.
In dem Zusammenhang überlegen wir, ob wir den aktuellen Strom nicht einfach verkaufen und nicht mehr gießen. Aber vermutlich ist das mittelfristig kein gutes Geschäftsmodell (kurzfristig aber schon).